Skeptiker 04-3 Inhaltsverzeichnis | |
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Editorial: Illusionäre Bildwelten | Inge Hüsgen |
Thema | |
Edu-Kinestetik | Barbro Walker |
Felder ohne Früchte | Andrea Kamphuis |
Berichte | |
„Innenansichten“ eines Journalisten | Christoph Drösser |
Bildfälschung am Beispiel UFOs | Hans D. Baumann |
Digitale Ufo-Fakes zu schön, um echt zu wirken | Werner Walter |
Panorama | |
Buchkritik | |
Charpak, G.; Broch, H.: Was macht der Fakir auf dem Nagelbrett? | Holger von Rybinski |
Lambeck, M.: Irrt die Physik? | Hans-Ludwig Reischmann |
Lesch, H.; Müller, J.: Big Bang zweiter Akt | Klaus Richter |
Schweiger, M.: Medizin Glaube, Spekulation oder Naturwissenschaft? | Werner Hessel |
Magazin | |
Blut und Tränen | Dr. Mark Benecke und Bernd Harder |
Die Kamera lügt nicht so heißt es zumindest. Anders als Texte gelten Bilder als „eingefrorene“ Dokumente einer Situation auch wenn wir es eigentlich längst besser wissen müssten. Denn die Geschichte der Foto-Fälschungen ist fast ebenso alt wie die der Fotografie selbst. Den Anfang machte der Franzose Hippolyte Bayard (1807-1887). Schon Anfang 1839 entwickelte er ein fotografisches Verfahren, präsentierte es aber erst ein knappes Jahr später der Pariser Akademie der Wissenschaften da war ihm Louis Daguerre bereits zuvorgekommen. Dieser durfte sich denn auch über Ruhm und eine lebenslange staatliche Rente freuen.
Bayard wurde immerhin mit finanziellen Mitteln für seine weitere Forschung bedacht, doch das war ihm offenbar nicht genug. Zum Protest posierte der verkannte Erfinder in einem „Selbstporträt als Ertrunkener“. Dazu verfasste er einen Text, in dem es hieß: „Die Regierung, die gegenüber Herrn Daguerre nur zu großzügig gewesen war, sagte, sie könne für Herrn Bayard nichts tun, und der arme Tropf ertränkte sich. Ach, wie das Leben doch spielt!“ Mehrere Tage lang sei der Tote schon im Leichenschauhaus aufgebahrt, ohne dass jemand nach ihm gesucht habe.
Mit diesem Coup nutzte Bayard wohl als erster die propagandistischen Möglichkeiten des neuen Mediums. War sein Selbstporträt noch als Inszenierung zu erkennen, führten spätere Bildmanipulation den Betrachter ganz gezielt in die Irre. So tauchte etwa im letzten US-Wahlkampf ein Foto auf, das den Kandidaten John Kerry während des Vietnam-Krieges zusammen mit der damaligen Antikriegs-Aktivistin Jane Fonda bei einer Kundgebung zeigte obwohl sie nie gemeinsam dort gewesen waren. Erst eine Montage zweier Einzelbilder führte die beiden scheinbar zusammen. Offenbar hatte man sich durch diese Manipulation eine Diskreditierung Kerrys versprochen.
Ken Light, der Fotograf des ursprünglichen Kerry-Bildes, nahm die Affäre zum Anlass für einen bitteren Kommentar in der Washington Post. Die weite Verbreitung des Fakes, so schreib er, „lehrt uns mehr über die beunruhigende Verbindung von Photoshop und Internet als über den (...) demokratischen Präsidentschaftskandidaten.“ Mancher mag angesichts solcher Vorfälle eine ganze Welle von Fälschungen und Wahrheits-Verzerrungen befürchten, zumal immer mehr Menschen Zugang zu digitalen Bildbearbeitungsverfahren haben. Aber zum Glück treibt die allermeisten weniger der Wille zur Fälschung, als vielmehr die handwerkliche Herausforderung und die künstlerischen Möglichkeiten.
Die Teilnehmer des DOCMA-Award 2004, professionelle und semiprofessionelle Grafiker, waren jedenfalls mit offensichtlichem Vergnügen dabei (vgl. S. 105-109). In rund 260 Arbeiten setzten sich professionelle und semiprofessionelle Grafiker mit dem Thema Ufo-Fake auseinander und inszenierten Pixelträume von unbekannten Flugobjekten.Für die Jury holte sich DOCMA-Chef Hans D. Baumann übrigens Beratung aus den Reihen der CENAP-Aktiven. Sie bekamen spannende Arbeiten von hohem künstlerischen und technischen Niveau zu sehen: Manche bombastisch wie aus einem Hollywood-Streifen, andere lassen die ironische Distanz der Schöpfer zum Thema zumindest ahnen.
Aber so unterschiedlich die Bilder auch sein mögen, eines haben sie alle gemein. Sie zeigen, was gegenwärtig mit Mitteln der digitalen Bildbearbeitung machbar ist. Wer als Betrachter diese Möglichkeiten kennt, wird vielleicht in Zukunft auch dem scheinbar authentischen Medium Bild mit mehr gesunder Skepsis begegnen.
Inge Hüsgen